Making of Vocals

7. & 9.12.2019 - von Andreas (whitealbum)


Lead Vocal John - inkl. Double Tracking

Singweise

Einer der Hauptschwierigkeiten bei werkgetreuem Covern, die sehr nah am Original sein sollen, ist gerade bei Gesang der unterschiedliche Gesangsstil und natürlich die Einzigkeit der Stimme im Klang jedes Menschen.

Werkgetreues Covern ist bei Stimmen auch deswegen schwer, weil die Stimme das einzigste Signal in der Musik ist, die direkt und unmittelbar vom Menschen ausgeht, ohne Umweg über ein Instrument. Sprich, das ganze Herz, die Seele und der Bauch schwingt her auch noch mit.

Dennoch zeigt die Musikgeschichte, dass es hervorragende Imitatoren gibt.
Paul war bspw. als Gesangsimitator, natürlich in Grenzen, eine Wucht, egal ob Little Richard's "Long Tall Sally" oder Elvis Presley's bei Lady Madonna.

Dennoch war es keine werkgetreue Kopie, es klang aber so als ob ;-) und es hatte aber auch einen eigenen tollen Touch.

Bei Come Together hatte John, der hier die Lead Stimme singt, vorab schon einiges probiert, um den richtigen Vocaltouch für sein Lied zu bekommen.

Bei Take 5 klangen die Lead Vocals von der Herangehensweise noch ganz anders.

Bei diesem Take verbindet er die Worte viel deutlicher, es klingt eher nach der Verlängerung des Legato-Basslaufs ;-)

Beim veröffentlichten Song klingt das deutlich fokussierter, kürzer und pointierter, und genau das wollte ich natürlich genauso umsetzen.

Und das ist schwerer als gedacht, den man muss jedes einzelne Wort mit kurzer Power raushauen. Da musste ich einige Zeit probieren, oft waren es auch nur 2-3 Takes pro Session, meistens war der erste Take oder der zweite Take der Bessere, ab dem dritten Take wurde es schlechter, die Power und die Genauigkeit im Rhythmus wie Tonhöhe gingen dann flöten.

Come Together so nah am Original zu singen ist ohne Witz körperliche Arbeit.

Da muss man alles reinlegen was man hat!

Double Tracking

John hat seine Stimme oft "double tracked", das gehört zu seinem Vocalsound.

Bei Come Together doppelt John seine Stimmen, aber nur in den Chorus- und Outro-Passagen.
Auch gibt es einige "Vocal-Noises", im Soloteil und Outroteil --> John hatte Spaß :-)
Das Doppeln machte mir auch hier wieder keine Schwierigkeiten.

Harmony Vocal Paul

Wie immer ist Paul für eine Überraschung gut, normalerweise singt er als Tenor meistens über Johns Stimme, bspw. oft Quinte.

Hier liegt Paul UNTER Johns Stimme, ich denke auch deswegen, weil John schon relativ hoch singt, in der oberen Oktave eines Tenors meistens auf F oder E.
Nochmal da drüber zu gehen, klänge wohl auch zu "komisch" bzw. würde aufgrund der Power die hohen Töne zu treffen, mehr Paul ins Vocallicht bringen, als John.

Paul singt nicht nur tiefer, sondern verstellt auch seine Stimme auf komische Weise.
Dazu gibt es ein aufschlussreiches YouTube-Video.
Wenn man sich das solo anhört klingt das mehr als "weird" :-D

Paul unterstützt John im 2, 3 und 4 Verse und im 2, 3 und 4 Chorus jeweils auf Come Together.
Auch hier liegt er unter John's Stimme.
Da ich bei meinen Songs meistens auch über meiner Hauptstimme liege, musste ich das schon üben.
U.a. weil das auch ne' eigentümliche Lage ist (während John auf F singt, ist Paul beim C, dass er an manchen Stellen auch überdehnt fast zum Cis!).

Insgesamt haben mir die Vocals wieder riesigen Spass bereitet, und natürlich habe ich da auch wieder vieles für die eigenen Songs gelernt.

Mikrofon/Preampkombi

Während der o.g. Vorbereitung zu den Vocaltakes habe ich parallel überlegt, welche Mikrofon-/Preamp-Kombi soll es bei den Vocals werden.

Durch viele Gesangsaufnahmen war mir schnell klar, welche Mikrofone und Preamps überhaupt für diesen Song in Frage kommen sollten.
Mikrofone FLEA 47 oder Gefell UM92.1s

Preamps: STAM 1073 MPA oder Telefunken v672a

Lennon hat über das Neumann U47 oder U48 gesungen.

Das FLEA wie das Gefell passen also grundsätzlich in die Klangsignatur der beiden Neumann Mikrofone, nicht zuletzt wegen ihrer M7-Kapseln.
Für das FLEA 47 sprechen, die breite Abbildung aller Frequenzen, einen hervorragenden Nahbesprechungseffekt der „tighte“ und fette Tiefen zulässt, die nie nervende Abbildung von Stimmen und die hervorragende Bearbeitung mit EQ und Kompression.
Für das Gefell UM92.1s sprechen die etwas aggressivere und schnellere Abbildung im Vergleich zum FLEA 47, die umwerfenden Mitten und die ebenfalls hervorragende Bearbeitung mit EQ und Kompression. Es klingt etwas schlanker als das FLEA 47.

Somit Gleichstand bei den Mikrofonen.

Da ich aber gerne etwas mehr obere Bässe und Tiefmitten im Vocalsound haben wollte, gab ich dem FLEA 47 den Vorzug.
Ehrlich, letztlich wäre es egal geswesen, das UM92.1s hätte auch super gepasst.

Bei den Preamps ist es so, dass man zwar theoretisch mit dem Telefunken V672a näher am Beatles Vocalsound wäre, aber wenn man „Come Together“ anhört, die Vocals klingen schon schneidender und weniger schön als es heute möglich ist.
Der Telefunken v672a ist ein sehr musikalischer und feinsinniger Preamp, den ich gerne nutze, aber in diesem Kontext brauchte ich etwas mehr Ecken und Saft.
Da kam der STAM 1073MPA mit Sowter-Übertragern ins Spiel.

Die Mikrofon/Preamp-Kette war gefunden!

Vocalkette - Equipment

Alle Stimmen wurden über das FLEA 47 in Nierenstellung aufgenommen.
Preamp war der STAM 1073MPA

Vocalkette in der DAW

Alle Stimmen gehen in einen Vocal-Bus (Gruppe) von da aus in den StereoMix.

Insertplugins (nach Reihenfolge):

  • Waves dbx-160a bei der Lead Stimme, bei allen anderen Stimmen Waves Puigchild
  • Waves TG12345 (Kompression und EQ), bei allen Stimmen, unterschiedliches EQing
  • Waves RS56 (EQ ), unterschiedliches EQing

Gruppenplugins (also für alle Stimmen)

  • Waves J37 Tapeemulation
  • Greg Wells Voice Centric (Overall Kompression)
  • Soundtoys Decapitator (um noch etwas Schmutz in die Stimmen zu bekommen)

Sends

  • Abbey Road Chambers, um das Slapback-Echo werkgetreu zu bekommen
  • The Kings Microphone (Einstellung: King George V, erster Button) um die Schärfe in Lennon's Stimme noch besser zu unterstützen)

Lead Vocals

Einstellungen der wichtigsten Plugins - Insertplugins im Lead Vocal-Channel:

Kompression

Der dbx-160a sorgt für gute Transienten und eine „runde“ Vor-Kompression, da muss man sich bei bis zu -10db GR kaum Sorgen machen.


Kompression & EQ

Hohe Anhebungen im EQ Bereich und fette Kompression, je mehr der Hold-Regler auf Linksanschlag zu geht, umso mehr Kompression.


EQ die Zweite

Sorgt für mehr Durchsetzungskraft in den obersten Mitten.


Sättigung

Bus Channel Plugins (Gruppenplugins) hier kommen alle Vocals “zusammen“.


Voice Centric

Sorgt für mehr Tiefe und Stereobreite und macht den Tiefenbereich etwas voller und tighter. Zudem „glued“ er ein bißchen die Stimmen zusammen.


Decaptitator

Nochmal eine „overall“-Kompression für alle Vocals, macht sich sehr gut bei Stimmen.

Mehr Aggressivtät in allen Vocals, hier kommt der Decapitator ins Spiel. Die Färbung der Sättigung/Verzerrung ist wichtig, deswegen passenden Style aussuchen. Auch hier passiert tonal noch einiges in den oberen Mitten!


Sends - Abbey Road Chambers

Welcher Raum passt hier, natürlich Abbey Road Chambers. Hier ist auch das wichtige Slapback Echo eingestellt!


The Kings (and Queens) Microphones

Es braucht noch die Hochmittensäge im Lead Vocal Sound. Die Einstellung George der V war richtig, Einstellung 1 oder 2 passen. Ich habe mich für 1 entschieden, etwas heller.